Mohamed Erraji hat sich den Ramadan anders vorgestellt. Statt den Fastenmonat im Kreis seiner Familie zu verbringen, wurde er verhaftet. Zwei Jahre muss der 32-Jährige jetzt ins Gefängnis. In einem Blog hatte er die Wohltätigkeitspolitik des marokkanischen Regenten aufs Korn genommen.
Wegen eines Artikels im Internetmagazin „Hespress“ war der Journalist Mohamed Erraji in einem ersten Schnellverfahren zu zwei Jahren Haft und einer Geldstrafe von umgerechnet 430 Euro verurteilt worden. „Das Gerichtsverfahren dauerte nur zehn Minuten“, berichtete einer der Verwandten des verurteilten Bloggers. Reporter ohne Grenzen (ROG) nannte den Prozess „unfair“, einen „großen Rückschritt für das Königreich“ und forderte die sofortige Freilassung. „Die Behörden benutzen Mohamed Erraji als abschreckendes Beispiel, um andere Blogger davon abzuhalten, den König im Internet zu kritisieren.“
Der Korrespondent von „Hespress“ in Agadir hatte in einem Webartikel die Wohltätigkeitspolitik des marokkanischen Regenten Mohammed VI. aufs Korn genommen. Insbesondere eine Praxis, die in Marokko unter dem Namen Grima bestens bekannt ist. Mit Bittgesuchen an den König kann man die üblichen hohen bürokratischen Hürden, zum Beispiel bei einer Firmenneugründung, umgehen. Dieses System von Bettelei sei gegen die Würde der Menschen und würde Faulheit fördern, so Mohamed Erraji. In entwickelten Ländern gäbe es das nicht, dort belohne man harte Arbeit und nicht Bettelei. „Wir sollten unseren Traum eines Marokkos der Gleichheit und der gleichen Möglichkeiten auf die Regentschaft von Mohammed VII. verschieben“, empfahl der Internetjournalist seinen Lesern.
Im Vergleich zur Kritik anderer marokkanischer Publikationen, wie etwa der Wochenzeitung „TelQuel“, sind die Worte des Bloggers harmlos und passen sehr gut zum Niveau der populistischen „Hespress“, die es mit den Fakten manchmal nicht so genau nimmt. Die Verhaftung Mohamed Errajis basiert zwar auf dem marokkanischen Pressegesetz, das Kritik am Königshaus untersagt, ist jedoch eher dem Übereifer von Polizeivertretern denn einer systematischen Verfolgung von Bloggern zu verdanken. „Alte Schreibtischtäter“ aus der Zeit Hassans II., nannte ein marokkanischer Blog die wahren Schuldigen.
30.000 Blogs in Marokko
Mohamed Erraji ist der zweite Blogger Marokkos, der bisher verurteilt wurde. Die Blogszene gilt ansonsten als Vorbild für andere arabische Länder. In Marokko werden rund 30.000 Blogs publiziert. Im Nachbarstaat Algerien sind es dagegen nur etwa 6000, in Tunesien kaum einmal 1000. „Eine Art Schule der Demokratie“, nennt der bekannte marokkanische Blogger Larbi al-Halili die unabhängigen Webseiten im Internet. „Sie übernehmen die Arbeit, die in den arabischen Medien oder auch nationalen Parlamenten nicht geleistet wird.“
Schlagworte
Die Verurteilung Mohamed Errajis dürfte für die Szene allerdings ein erneuter Warnschuss vor den Bug sein. Im Februar dieses Jahres war bereits Fouad Mourtada, ein 26-jährigen IT-Ingenieur, zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden. Er hatte die Identität eines marokkanischen Prinzen auf der Internetseite Facebook fingiert. Am Ende begnadigte ihn aber Mohammed VI. Auch im Fall von Mohamed Erraji wird auf den marokkanischen Blogs bereits über ein neues Happy End durch königliche Hand spekuliert. Das Ende des heiligen Fastenmonats Ramadan mit dem Fest Eid al-Fitr wäre eine gute Gelegenheit für eine herrschaftliche Geste. An diesem Termin reduziert der König traditionell Gefängnisstrafen oder begnadigt Verurteilte. Mohamed Erraji hatte mit seiner Strafe von zwei Jahren ohnehin bereits Glück im Unglück. Die Mindeststrafe für Königsbeleidigung liegt bei sechs Monaten, maximal können drei Jahre fällig werden. Offensichtlich hatte der Richter bereits Zweifel am Verfahren, als er ein Jahr weniger als vorgeschrieben festsetzte. Damit bleibt für die zweite Verhandlung, in der erst das endgültige Urteil gefällt wird, alles offen.
Wegen eines Artikels im Internetmagazin „Hespress“ war der Journalist Mohamed Erraji in einem ersten Schnellverfahren zu zwei Jahren Haft und einer Geldstrafe von umgerechnet 430 Euro verurteilt worden. „Das Gerichtsverfahren dauerte nur zehn Minuten“, berichtete einer der Verwandten des verurteilten Bloggers. Reporter ohne Grenzen (ROG) nannte den Prozess „unfair“, einen „großen Rückschritt für das Königreich“ und forderte die sofortige Freilassung. „Die Behörden benutzen Mohamed Erraji als abschreckendes Beispiel, um andere Blogger davon abzuhalten, den König im Internet zu kritisieren.“
Der Korrespondent von „Hespress“ in Agadir hatte in einem Webartikel die Wohltätigkeitspolitik des marokkanischen Regenten Mohammed VI. aufs Korn genommen. Insbesondere eine Praxis, die in Marokko unter dem Namen Grima bestens bekannt ist. Mit Bittgesuchen an den König kann man die üblichen hohen bürokratischen Hürden, zum Beispiel bei einer Firmenneugründung, umgehen. Dieses System von Bettelei sei gegen die Würde der Menschen und würde Faulheit fördern, so Mohamed Erraji. In entwickelten Ländern gäbe es das nicht, dort belohne man harte Arbeit und nicht Bettelei. „Wir sollten unseren Traum eines Marokkos der Gleichheit und der gleichen Möglichkeiten auf die Regentschaft von Mohammed VII. verschieben“, empfahl der Internetjournalist seinen Lesern.
Im Vergleich zur Kritik anderer marokkanischer Publikationen, wie etwa der Wochenzeitung „TelQuel“, sind die Worte des Bloggers harmlos und passen sehr gut zum Niveau der populistischen „Hespress“, die es mit den Fakten manchmal nicht so genau nimmt. Die Verhaftung Mohamed Errajis basiert zwar auf dem marokkanischen Pressegesetz, das Kritik am Königshaus untersagt, ist jedoch eher dem Übereifer von Polizeivertretern denn einer systematischen Verfolgung von Bloggern zu verdanken. „Alte Schreibtischtäter“ aus der Zeit Hassans II., nannte ein marokkanischer Blog die wahren Schuldigen.
30.000 Blogs in Marokko
Mohamed Erraji ist der zweite Blogger Marokkos, der bisher verurteilt wurde. Die Blogszene gilt ansonsten als Vorbild für andere arabische Länder. In Marokko werden rund 30.000 Blogs publiziert. Im Nachbarstaat Algerien sind es dagegen nur etwa 6000, in Tunesien kaum einmal 1000. „Eine Art Schule der Demokratie“, nennt der bekannte marokkanische Blogger Larbi al-Halili die unabhängigen Webseiten im Internet. „Sie übernehmen die Arbeit, die in den arabischen Medien oder auch nationalen Parlamenten nicht geleistet wird.“
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Die Verurteilung Mohamed Errajis dürfte für die Szene allerdings ein erneuter Warnschuss vor den Bug sein. Im Februar dieses Jahres war bereits Fouad Mourtada, ein 26-jährigen IT-Ingenieur, zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden. Er hatte die Identität eines marokkanischen Prinzen auf der Internetseite Facebook fingiert. Am Ende begnadigte ihn aber Mohammed VI. Auch im Fall von Mohamed Erraji wird auf den marokkanischen Blogs bereits über ein neues Happy End durch königliche Hand spekuliert. Das Ende des heiligen Fastenmonats Ramadan mit dem Fest Eid al-Fitr wäre eine gute Gelegenheit für eine herrschaftliche Geste. An diesem Termin reduziert der König traditionell Gefängnisstrafen oder begnadigt Verurteilte. Mohamed Erraji hatte mit seiner Strafe von zwei Jahren ohnehin bereits Glück im Unglück. Die Mindeststrafe für Königsbeleidigung liegt bei sechs Monaten, maximal können drei Jahre fällig werden. Offensichtlich hatte der Richter bereits Zweifel am Verfahren, als er ein Jahr weniger als vorgeschrieben festsetzte. Damit bleibt für die zweite Verhandlung, in der erst das endgültige Urteil gefällt wird, alles offen.
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