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Es werden Posts vom Juli, 2012 angezeigt.

Fragen zum Massaker

Mehr als 250 Menschen sollen in Tremse, einem kleinen Dorf nahe der Stadt Hama, getötet worden sein. Darunter viele Frauen und Kinder. Die Täter: Soldaten der syrischen Armee. So die erschreckende Meldung über ein neues Massaker im syrischen Krieg. Es wäre das bisher grösste seit Beginn des Blutvergiessens vor 16 Monaten. Die Empörung weltweit ist gross. US-Aussenministerin Hilary Clinton sprach aufgebracht von «unzweifelhaften Beweisen, dass das syrische Regime absichtlich unschuldige Zivilisten tötete.» Doch was wissen wir tatsächlich über das Massaker von Tremse? Von heftigen Kämpfen und Hubschraubern, die Raketen abschossen, berichtet die Patrouille der syrischen UNO-Beobachtermission gestern. Sie kam am Freitag bis auf sechs Kilometer an das Dorf heran. Die Kämpfe hätten begonnen, nachdem die Freie Syrische Armee (FSA) einen Konvoi der Regierungstruppen angegriffen hatte. «Unsere Patrouille», so heisst es im zweiseitigen Bericht der UNO, der gestern veröffentlicht w

Milizen sind die größten Gegner der neuen Regierung

Bei der Wahl in Libyen haben die Liberalen triumphiert. Doch der Sieg ist fragil. Noch immer regieren Milizen ganze Städte. Werden sie ein demokratisches Libyen überhaupt akzeptieren? Sie hatten den Tod Muammar al-Gaddafis auf den Straßen gefeiert. Die Verhaftung seines Sohnes Saif al-Islam, den Tag der Befreiung und den Jahrestag der Revolution. Der Wahltag war ebenfalls ein Anlass für zehntausende von Libyern für nationale Gesänge, Fahnenschwingen und Hupkonzerte. Nur war diesmal alles noch emotionaler. Viele hatten Tränen in die Augen. "Ich bin jetzt über 50 und wähle zum ersten Mal in meinem Leben", sagte ein Familienvater. "Ich kann es immer noch nicht fassen", sagte Nadia, eine Studentin, die als Freiwillige in einem Wahllokal in Tripolis arbeitete. Kein Wunder nach 42 Jahren unter einem autokratischen Herrscher, der jede Opposition brutal unterdrückte und Parteien als "Ausgeburt des Teufels, als undemokratische Werkzeuge des Imperial

"Lange werden wir nicht mehr warten"

Syrische Widerstandskämpfer bereiten Offensive im Norden vor   Ein ausgebrannter Panzer neben der Straße, den eine unter der Fahrbahn versteckte Bombe in den Graben wuchtete. In den Häuserwänden klaffen Löcher vom Granatenbeschuss. Die Straßen sind mit riesigen Felsbrocken und Steinschutt versperrt. Vor zehn Tagen kontrollierten hier, in der Nähe von Hawar, noch Soldaten der syrischen Armee alle Fahrzeuge. Heute sind es die Kämpfer der Freien Syrischen Armee (FSA), die die Wagen freundlich durchwinken. Siegessicher lachende junge Männer, die ihre Kalaschnikows neben den Motorrädern im Schatten der Bäume liegen haben. Innerhalb einer Woche konnten die Rebellen das befreite Gebiet ausweiten und stehen nun zehn Kilometer vor Aleppo, der größten Stadt Syriens. Ob Sammeltaxis oder Lkws, die Tomaten, Aprikosen oder Elektrogeräte transportieren, alle müssen durch das Gebiet der "Terroristen", wie der syrische Präsident Baschar al-Assad die FSA nennt. Die Fahrer kü

Damaskus erwartet den Sturm

Der Bürgerkrieg hat die Außenbezirke der Hauptstadt erreicht   Er hat ein kleines Hotel, gleich um die Ecke vom legendären Al-Hamidiah-Suk in Damaskus. Das Passwort für das Internet auf dem Zimmer lautet "march15". Deutlicher könnte das Statement für die Opposition nicht sein. Denn am 15. März vergangenen Jahres fand der erste "Tag des Zorns" gegen das Regime von Baschar al-Assad statt. Was seit Januar 2011 mehrfach fehlgeschlagen war, funktionierte an diesem Tag: Landesweit gingen die Menschen zeitgleich für die Demokratie auf die Straße. Eine Bewegung, die nicht mehr zu stoppen war. Aber mit friedlichen Demonstrationen ist es mittlerweile vorbei. In Syrien herrscht Krieg seit die Opposition, ein Sammelbecken divergierender Gruppen, den bewaffneten Kampf beschlossen hat. "Ich bedauere das sehr", sagt der Hotelbesitzer. "Nur mit friedlichen Mitteln kann man dauerhafte Reformen und Demokratie schaffen." Polizeiautos in die Luft ja

Das Grauen und seine Zeugen

Für das Massaker von Hula hat die internationale Gemeinschaft das syrische Regime scharf verurteilt. Doch wer in das Kriegsgebiet reist, findet mehr als nur eine Wahrheit zu dem Fall. Denn aufseiten der Rebellen kämpfen nicht nur Helden   Links der Straße ein großer See, der in der Sonne glitzert. Ein Mann fischt, Kinder springen vom Ufer fröhlich ins Wasser. In der Ferne erkennt man die Häuser eines Dorfes, das mitten in einer Ebene liegt, die auch im heißen Juni noch saftig grün wirkt. Eine ländliche Idylle, in der man unwillkürlich an Urlaub denkt. Dabei fand hier in Taldu, einem Vorort der Stadt Hula, bisher das schrecklichste Massaker des seit 16 Monaten andauernden Bürgerkriegs in Syrien statt. Am 25. Mai wurden hier 108 Menschen, darunter viele Frauen und Kinder, ermordet. Der Fahrer weigert sich weiterzufahren. Er imitiert mit den Händen ein Gewehr und macht "Bumm, bumm". Aber das syrische Militär lässt ohnehin niemanden durch. "Weiter als

"Die Rebellen verhalten sich wie Kriminelle"

Im Bürgerkriegsland sind Journalisten nicht gern gesehen. Unserem Reporter Alfred Hackensberger gelang die Einreise. Seine erste Reportage kommt aus Aleppo, dem Ruhepol im Auge des Sturms. Die Bombe war auf dem Gehweg versteckt und explodierte, als das Polizeiauto vorbeifuhr. Die beiden Polizisten im Wagen waren sofort tot. Das Entsetzen steht Rami noch ins Gesicht geschrieben. "Ich stand daneben und bin wie durch ein Wunder unverletzt. Mein Freund, mit dem ich unterwegs war, ist auf dem Weg ins Krankenhaus." Die Bombe im Stadtteil Aziza, mitten im Zentrum der zweitgrößten syrischen Stadt Aleppo, markierte den zweiten Anschlag dieser Art in der Stadt, die vom syrischen Bürgerkrieg bisher weitgehend verschont geblieben ist. Beim ersten Attentat im Februar starben 28 Menschen, 235 wurden verletzt. Aleppo ist eigentlich so etwas wie der Ruhepol in dem Land, das von brutalen Auseinandersetzungen zerrissen ist, die auf beiden Seiten mit unbarmherziger Grau

Ein kurzer Urlaub vom Krieg

Die türkische Grenzregion zu Syrien beherbergt Tausende Flüchtlinge und ist ein wichtiges Rückzugsgebiet für die Rebellen Von Alfred Hackensberger DIE WELT Alle Nachrichten Touristen aus aller Welt kennen die türkische Stadt Antakya besser unter dem Namen Antiochia. Doch derzeit kommen kaum noch Urlauber, um die Mosaike aus der legendären Metropole der Antike zu bestaunen. Im Nachbarland Syrien tobt seit 16 Monaten der Bürgerkrieg. Seit sich die Kämpfe zwischen Rebellen und Armee zunehmend intensivieren, wird die Türkei für die Opposition immer wichtiger als Rückzugsgebiet und Nachschubbasis. Antakya, das nur wenige Kilometer von der Grenze entfernt liegt, ist heute ein wichtiger Stützpunkt der Freien Syrischen Armee (FSA), einer Rebellengruppe, die sich aus desertierten Soldaten der syrischen Streitkräfte zusammensetzt. Von hier aus starten die Rebellen zu ihren Angriffen auf die Regierungstruppen von Präsident Baschar al-Assad. Oder sie machen dort einfach nur Urlaub vom Krieg. &