Wer Syriens Industriemetropole Aleppo verliert, kann nicht mehr
gewinnen. Dort stellen sich die Rebellen jetzt der Offensive des
Regimes. Der Showdown im erbitterten Stellvertreterkrieg.
Von meinem Welt-Kollegen Peter Steinbach, Aleppo
Von meinem Welt-Kollegen Peter Steinbach, Aleppo
"Die Rakete sitzt",
sagt Abu Hamsa. "Alle in Deckung". Der Frontkommandant brennt die
Zündschnur an. "Allahu akbar", Gott ist groß, rufen die etwa 30 Kämpfer
des letzten Außenpostens auf einem Hügel von Kafr Hamra, eine gute
Autostunde von Aleppo entfernt.
Dann explodiert
das kleine Sprengstoffsäckchen im Rohr der Rakete mit ohrenbetäubendem
Lärm. Aber statt die tödliche Fracht in Richtung der syrische Armee zu
schleudern, die keinen Kilometer entfernt im Tal steht, wird die Rakete
in zwei Teile gerissen. Wohin der Sprengsatz geflogen ist, weiß niemand.
"Das macht
nichts", sagt einer der Rebellen, und die umstehenden Kameraden lachen.
"Wir wissen sowieso nie genau, wohin unsere Raketen fliegen." Die
Kämpfer der Brigade der Freien Männer Syriens (Ahrar Syria) sind bei
guter Laune, obwohl sie an der derzeit wichtigsten Front in der Region
Aleppo stehen und täglich beschossen werden. In den Häusern der
unfertigen Neubausiedlung klaffen große Löcher vom Mörserbeschuss. Hier
steht noch der ausgebrannte Wagen mit dem Duschka-Maschinengewehr an der
Straße, der am Vortag einen Volltreffer abbekommen hat.
Außenposten soll Vorstoß verhindern
Die Männer des
Außenpostens sollen einen weiteren Vorstoß der syrischen Armee und der
mit ihr verbündeten schiitischen Hisbollah-Miliz verhindern, die in den
vergangenen Wochen große Geländegewinne erzielt haben. "Sie wollen eine
Verbindung von ihrem Teil Aleppos zu den beiden schiitischen Städten
Nobul und Zaraa herstellen, die von uns eingekreist sind", erklärt Abu
Hadschel im Hauptquartier.
Er ist
ehemaliger Leutnant der syrischen Armee und einer der beiden Führer der
Freien Männer Syriens, die für die vorderste Frontlinie verantwortlich
sind. "Sie wollen eine Nachschubroute einrichten, die über diese Städte
bis zum Flughafen Mennag reicht." Die Militärbasis liegt etwa 20
Kilometer von Nobul und Zahraa entfernt und wird von den Rebellen seit
10 Monaten belagert.
Die syrische
Luftwaffe fliegt dort täglich schwere Angriffe, um die Einnahme durch
die Rebellen zu verhindern. Sollte es den Regierungstruppen tatsächlich
gelingen, in den von den Rebellen kontrollierten Norden von Aleppo
vorzudringen, wären diese von den Munitions- und Waffenlieferungen aus
der Türkei abgeschnitten. Das wäre fatal für den Aufstand gegen Assad.
Das industrielle Herz des Landes
Denn Aleppo ist
die größte Stadt Syriens, das industrielle Herz des Landes. Wer hier
verliert, der kann nicht mehr gewinnen. "Wir sind bestens gerüstet und
werden das zu verhindern wissen", sagt Leutnant Hadschel. Etwa 2500
seiner Männer sind in Kafr Hamra stationiert. Es gebe noch zahlreiche
weitere Einheiten in gleicher Größe, die für den Ernstfall
bereitstünden.
Internationale
Medien hatten berichtet, die Freien Männer Syriens hätten neue Waffen
aus Saudi-Arabien erhalten, nachdem die USA beschlossen hatten, die
Rebellen militärisch zu unterstützen. Dazu gehörten russische
Boden-Boden-Raketen des Typs Konkurs, mit denen man die syrischen
T-72-Panzer ausschalten kann. "Wir haben keine dieser Konkurs-Raketen
erhalten", versichert Abu Hadschel.
"Wir haben
welche, aber die stammen aus den Lagern der syrischen Armee." Es gebe
zwar neue Waffenlieferungen aus Saudi-Arabien, aber die seien
verschwindend gering. Nur ausgewählte Rebellengruppen, die den Saudis
ideologisch nahestehen, bekämen sie. "Die gehen direkt an Mohammed Ali
von der Liwa Hafed Rasul und an Jamal Aruf von den Schuhada Syria."
Hadschels Freie Männer Syriens hätten nur Munition vom oppositionellen
Militärrat Aleppos erhalten. "Man sagte uns jedoch, schwere Waffen seien
auch an uns unterwegs."
Saudi-Arabien und Katar liefern Waffen
Die neuen
Lieferungen sollen aus Libyen stammen und von Transportmaschinen aus
Katar in die Türkei eingeflogen worden sein. "In den letzten beiden
Tagen", versicherte ein Kommandeur der Liwa Tawhid, "ist bereits etwas
angekommen. Darunter sind Panzerabwehrraketen und Luftabwehrgeschütze
vom Kaliber 14,5 Millimeter."
Die Liwa Tawhid
ist mit 15.000 Mann die stärkste Kampftruppe Aleppos und dominiert den
Militärrat der Rebellen in der Stadt. "Im Lauf der nächsten Tage sollen
noch gepanzerte Fahrzeuge und Luftabwehrraketen kommen, und davon 250
Stück", fügt der Kommandeur zufrieden hinzu, der seinen Namen nicht
genannt haben will. Gerade die Luftabwehrraketen sind von strategischer
Bedeutung. Mit ihnen können Helikopter und sogar Kampfflugzeuge der
syrischen Streitkräfte abgeschossen werden. Die Lufthoheit des Regimes
wäre bedroht.
Die Golfstaaten
Saudi-Arabien und Katar rüsten die syrischen Rebellen in Aleppo auf.
Man will sichergehen, dass die erwartete Großoffensive der
Regierungstruppen und der Elitekontingente der Hisbollah abgewehrt wird.
In Kafr Hamra hat man vor der schiitischen Miliz aus dem Libanon wenig
Respekt. "Bisher hat die Hisbollah nicht gezeigt, dass sie gute Kämpfer
hat", sagt Hadschel abfällig grinsend.
Alle möglichen Dialekte über Funk
"Das sind keine
Elitesoldaten. Die haben Angst." Er schaltet das Funkgerät ein. Nach
einer Weile hört man libanesischen Dialekt. Wie viele Hisbollah-Kämpfer
sich in den umzingelten Schiitenstädten befinden, ist unbekannt. Mehr
als 70.000 Menschen leben in Nobul und Zahraa und werden Tag für Tag
ausschließlich aus der Luft mit Lebensmitteln versorgt.
"Aber dort
kämpft nicht nur die Hisbollah", erklärt der Liwa-Führer. "Wir hören
über Funk irakischen und jemenitischen Dialekt der schiitischen Huthi."
Und nicht zu vergessen seien die Iraner. Zum Beweis legt er einen
iranischen Ausweis auf den Tisch, der auf den Namen Hadsch Ibrahim
ausgestellt ist. "Den haben wir ganz in der Nähe von hier in einer
syrischen Militäranlage gefunden, nachdem die Soldaten dort Hals über
Kopf davongelaufen waren."
Über Aleppo
fliegen jeden Tag frühmorgens Hubschrauber. Selten sind Kampfflugzeuge
zu hören. Angriffe beschränken sich auf die Front, und es sind weniger
als noch vor einigen Wochen. "Regimetruppen versuchen mal hie und da
vorzustoßen", sagt Abdel Dschabar Akeidi, der Chef des oppositionellen
Militärrats von Aleppo. "Die groß angekündigte Offensive hält sich noch
in Grenzen."
"Alle Gruppen an einem Strang"
Der ehemalige
Oberst der syrischen Armee ist aber überzeugt: "Es wird etwas kommen."
Akeidi hat gerade 15 Kommandeure empfangen, um die Lage zu besprechen.
Vertreter von den radikal-islamischen Gruppen Ahrar al-Scham oder vom
Al-Qaida-Ableger Dschabhat al-Nusra waren nicht gekommen. "Ich kann
ihnen aber versichern", sagt Akeidi, "alle, aber auch alle Gruppen
ziehen jetzt an einem Strang."
Das ist auch
notwendig, sollte die seit Wochen vorbereitete Offensive auf den von den
Rebellen kontrollierten Teil Aleppos beginnen. Es wäre die
Entscheidungsschlacht um die Stadt und sicherlich auch um den Sieg im
syrischen Bürgerkrieg.
An einem
geheimen Ort, etwas außerhalb Aleppos in einer verlassenen Gegend,
befindet sich die Bombenwerkstatt der Liwa-al-Madschid-Miliz. Hier wird
auf Hochtouren gearbeitet, um Handgranaten und Mörser herzustellen.
"Jeder, der die Unkosten bezahlt, wird von uns beliefert", erläutert Abu
Ali, der Anführer.
Er ist einer
der wenigen Rebellenkommandanten, der die Exekution von gefangenen
Regimesoldaten verboten hat. Er lehnt auch die radikalen Islamisten ab
und kritisiert die neue Religionspolizei, die in Aleppo ihr Unwesen
treibt. "Ich bin nicht grundsätzlich gegen sie, aber sie erniedrigen die
Menschen und zwingen ihnen Dinge auf, die sie nicht wollen."
Stolz auf die Bombenwerkstätten
In seiner
Werkstatt zeigt Abu Ali das neueste Produkt, das unter der Leitung
seines Chefingenieurs Abbas gefertigt wurde. "Bisher hatten wir Mörser
mit 1,3-Kilogramm-Sprengsätzen, aber jetzt rüsten wir auf sechs
Kilogramm auf." Abu Ali hebt eines der schweren, runden Metallteile mit
zufriedener Miene in die Höhe.
In einem
anderen Gebäude werden die Sprengsätze gefertigt. Auf einer Plane am
Boden liegt ein grünbrauner, grobkörniger Pulverhaufen. "Eine Mischung
aus TNT und C4", erklärt Abu Ali. Im hinteren Teil des Hauses sitzen
zwei junge Kerle und füllen eine helle Paste in kleine, weiße Tüten, die
als Treibsatz der Mörser dienen. "Rauchen dürfen wir hier nicht", sagt
Abu Ali schmunzelnd und befiehlt, Tee zu kochen.
Der 40-Jährige
ist sichtlich stolz auf seine beiden Werkstätten, in denen er in den
vergangenen drei Monaten Hunderte Mörser und Tausende Handgranaten
fabriziert hat. Nach Tee und Zigaretten geht es auf eine Rundfahrt
entlang der Front in Aleppo. In jeder Seitenstraße an der Grenze zum
Midan-Viertel sind Brigaden untergebracht. Auf den Dächern liegen
Scharfschützen und Wachposten, um jede Bewegung der Regierungstruppen
rechtzeitig zu erkennen.
In einigen
Straßen hängen Tücher quer über die Fahrbahn, um gegnerischen
Scharfschützen die Sicht zu rauben. In einer ehemaligen
Mercedes-Werkstatt liegen selbst gebastelte 50-Kilogramm-Bomben. "Damit
bringt man ein ganzes Haus zum einstürzen", erklärt Abu Ali. "Sie sollen
nur kommen, wir sind gerüstet."
Der Showdown im erbitterten Stellvertreterkrieg. Von Peter Steinbach, Aleppo
Heftige Kämpfe um Militärflughafen in Aleppo
Der Showdown im erbitterten Stellvertreterkrieg. Von Peter Steinbach, Aleppo
"Die Rakete sitzt",
sagt Abu Hamsa. "Alle in Deckung". Der Frontkommandant brennt die
Zündschnur an. "Allahu akbar", Gott ist groß, rufen die etwa 30 Kämpfer
des letzten Außenpostens auf einem Hügel von Kafr Hamra, eine gute
Autostunde von Aleppo entfernt.
Dann explodiert
das kleine Sprengstoffsäckchen im Rohr der Rakete mit ohrenbetäubendem
Lärm. Aber statt die tödliche Fracht in Richtung der syrische Armee zu
schleudern, die keinen Kilometer entfernt im Tal steht, wird die Rakete
in zwei Teile gerissen. Wohin der Sprengsatz geflogen ist, weiß niemand.
"Das macht
nichts", sagt einer der Rebellen, und die umstehenden Kameraden lachen.
"Wir wissen sowieso nie genau, wohin unsere Raketen fliegen." Die
Kämpfer der Brigade der Freien Männer Syriens (Ahrar Syria) sind bei
guter Laune, obwohl sie an der derzeit wichtigsten Front in der Region
Aleppo stehen und täglich beschossen werden. In den Häusern der
unfertigen Neubausiedlung klaffen große Löcher vom Mörserbeschuss. Hier
steht noch der ausgebrannte Wagen mit dem Duschka-Maschinengewehr an der
Straße, der am Vortag einen Volltreffer abbekommen hat.
Außenposten soll Vorstoß verhindern
Die Männer des
Außenpostens sollen einen weiteren Vorstoß der syrischen Armee und der
mit ihr verbündeten schiitischen Hisbollah-Miliz verhindern, die in den
vergangenen Wochen große Geländegewinne erzielt haben. "Sie wollen eine
Verbindung von ihrem Teil Aleppos zu den beiden schiitischen Städten
Nobul und Zaraa herstellen, die von uns eingekreist sind", erklärt Abu
Hadschel im Hauptquartier.
Er ist
ehemaliger Leutnant der syrischen Armee und einer der beiden Führer der
Freien Männer Syriens, die für die vorderste Frontlinie verantwortlich
sind. "Sie wollen eine Nachschubroute einrichten, die über diese Städte
bis zum Flughafen Mennag reicht." Die Militärbasis liegt etwa 20
Kilometer von Nobul und Zahraa entfernt und wird von den Rebellen seit
10 Monaten belagert.
Die syrische
Luftwaffe fliegt dort täglich schwere Angriffe, um die Einnahme durch
die Rebellen zu verhindern. Sollte es den Regierungstruppen tatsächlich
gelingen, in den von den Rebellen kontrollierten Norden von Aleppo
vorzudringen, wären diese von den Munitions- und Waffenlieferungen aus
der Türkei abgeschnitten. Das wäre fatal für den Aufstand gegen Assad.
Das industrielle Herz des Landes
Denn Aleppo ist
die größte Stadt Syriens, das industrielle Herz des Landes. Wer hier
verliert, der kann nicht mehr gewinnen. "Wir sind bestens gerüstet und
werden das zu verhindern wissen", sagt Leutnant Hadschel. Etwa 2500
seiner Männer sind in Kafr Hamra stationiert. Es gebe noch zahlreiche
weitere Einheiten in gleicher Größe, die für den Ernstfall
bereitstünden.
Internationale
Medien hatten berichtet, die Freien Männer Syriens hätten neue Waffen
aus Saudi-Arabien erhalten, nachdem die USA beschlossen hatten, die
Rebellen militärisch zu unterstützen. Dazu gehörten russische
Boden-Boden-Raketen des Typs Konkurs, mit denen man die syrischen
T-72-Panzer ausschalten kann. "Wir haben keine dieser Konkurs-Raketen
erhalten", versichert Abu Hadschel.
"Wir haben
welche, aber die stammen aus den Lagern der syrischen Armee." Es gebe
zwar neue Waffenlieferungen aus Saudi-Arabien, aber die seien
verschwindend gering. Nur ausgewählte Rebellengruppen, die den Saudis
ideologisch nahestehen, bekämen sie. "Die gehen direkt an Mohammed Ali
von der Liwa Hafed Rasul und an Jamal Aruf von den Schuhada Syria."
Hadschels Freie Männer Syriens hätten nur Munition vom oppositionellen
Militärrat Aleppos erhalten. "Man sagte uns jedoch, schwere Waffen seien
auch an uns unterwegs."
Saudi-Arabien und Katar liefern Waffen
Die neuen
Lieferungen sollen aus Libyen stammen und von Transportmaschinen aus
Katar in die Türkei eingeflogen worden sein. "In den letzten beiden
Tagen", versicherte ein Kommandeur der Liwa Tawhid, "ist bereits etwas
angekommen. Darunter sind Panzerabwehrraketen und Luftabwehrgeschütze
vom Kaliber 14,5 Millimeter."
Die Liwa Tawhid
ist mit 15.000 Mann die stärkste Kampftruppe Aleppos und dominiert den
Militärrat der Rebellen in der Stadt. "Im Lauf der nächsten Tage sollen
noch gepanzerte Fahrzeuge und Luftabwehrraketen kommen, und davon 250
Stück", fügt der Kommandeur zufrieden hinzu, der seinen Namen nicht
genannt haben will. Gerade die Luftabwehrraketen sind von strategischer
Bedeutung. Mit ihnen können Helikopter und sogar Kampfflugzeuge der
syrischen Streitkräfte abgeschossen werden. Die Lufthoheit des Regimes
wäre bedroht.
Die Golfstaaten
Saudi-Arabien und Katar rüsten die syrischen Rebellen in Aleppo auf.
Man will sichergehen, dass die erwartete Großoffensive der
Regierungstruppen und der Elitekontingente der Hisbollah abgewehrt wird.
In Kafr Hamra hat man vor der schiitischen Miliz aus dem Libanon wenig
Respekt. "Bisher hat die Hisbollah nicht gezeigt, dass sie gute Kämpfer
hat", sagt Hadschel abfällig grinsend.
Alle möglichen Dialekte über Funk
"Das sind keine
Elitesoldaten. Die haben Angst." Er schaltet das Funkgerät ein. Nach
einer Weile hört man libanesischen Dialekt. Wie viele Hisbollah-Kämpfer
sich in den umzingelten Schiitenstädten befinden, ist unbekannt. Mehr
als 70.000 Menschen leben in Nobul und Zahraa und werden Tag für Tag
ausschließlich aus der Luft mit Lebensmitteln versorgt.
"Aber dort
kämpft nicht nur die Hisbollah", erklärt der Liwa-Führer. "Wir hören
über Funk irakischen und jemenitischen Dialekt der schiitischen Huthi."
Und nicht zu vergessen seien die Iraner. Zum Beweis legt er einen
iranischen Ausweis auf den Tisch, der auf den Namen Hadsch Ibrahim
ausgestellt ist. "Den haben wir ganz in der Nähe von hier in einer
syrischen Militäranlage gefunden, nachdem die Soldaten dort Hals über
Kopf davongelaufen waren."
Über Aleppo
fliegen jeden Tag frühmorgens Hubschrauber. Selten sind Kampfflugzeuge
zu hören. Angriffe beschränken sich auf die Front, und es sind weniger
als noch vor einigen Wochen. "Regimetruppen versuchen mal hie und da
vorzustoßen", sagt Abdel Dschabar Akeidi, der Chef des oppositionellen
Militärrats von Aleppo. "Die groß angekündigte Offensive hält sich noch
in Grenzen."
"Alle Gruppen an einem Strang"
Der ehemalige
Oberst der syrischen Armee ist aber überzeugt: "Es wird etwas kommen."
Akeidi hat gerade 15 Kommandeure empfangen, um die Lage zu besprechen.
Vertreter von den radikal-islamischen Gruppen Ahrar al-Scham oder vom
Al-Qaida-Ableger Dschabhat al-Nusra waren nicht gekommen. "Ich kann
ihnen aber versichern", sagt Akeidi, "alle, aber auch alle Gruppen
ziehen jetzt an einem Strang."
Das ist auch
notwendig, sollte die seit Wochen vorbereitete Offensive auf den von den
Rebellen kontrollierten Teil Aleppos beginnen. Es wäre die
Entscheidungsschlacht um die Stadt und sicherlich auch um den Sieg im
syrischen Bürgerkrieg.
An einem
geheimen Ort, etwas außerhalb Aleppos in einer verlassenen Gegend,
befindet sich die Bombenwerkstatt der Liwa-al-Madschid-Miliz. Hier wird
auf Hochtouren gearbeitet, um Handgranaten und Mörser herzustellen.
"Jeder, der die Unkosten bezahlt, wird von uns beliefert", erläutert Abu
Ali, der Anführer.
Er ist einer
der wenigen Rebellenkommandanten, der die Exekution von gefangenen
Regimesoldaten verboten hat. Er lehnt auch die radikalen Islamisten ab
und kritisiert die neue Religionspolizei, die in Aleppo ihr Unwesen
treibt. "Ich bin nicht grundsätzlich gegen sie, aber sie erniedrigen die
Menschen und zwingen ihnen Dinge auf, die sie nicht wollen."
Stolz auf die Bombenwerkstätten
In seiner
Werkstatt zeigt Abu Ali das neueste Produkt, das unter der Leitung
seines Chefingenieurs Abbas gefertigt wurde. "Bisher hatten wir Mörser
mit 1,3-Kilogramm-Sprengsätzen, aber jetzt rüsten wir auf sechs
Kilogramm auf." Abu Ali hebt eines der schweren, runden Metallteile mit
zufriedener Miene in die Höhe.
In einem
anderen Gebäude werden die Sprengsätze gefertigt. Auf einer Plane am
Boden liegt ein grünbrauner, grobkörniger Pulverhaufen. "Eine Mischung
aus TNT und C4", erklärt Abu Ali. Im hinteren Teil des Hauses sitzen
zwei junge Kerle und füllen eine helle Paste in kleine, weiße Tüten, die
als Treibsatz der Mörser dienen. "Rauchen dürfen wir hier nicht", sagt
Abu Ali schmunzelnd und befiehlt, Tee zu kochen.
Der 40-Jährige
ist sichtlich stolz auf seine beiden Werkstätten, in denen er in den
vergangenen drei Monaten Hunderte Mörser und Tausende Handgranaten
fabriziert hat. Nach Tee und Zigaretten geht es auf eine Rundfahrt
entlang der Front in Aleppo. In jeder Seitenstraße an der Grenze zum
Midan-Viertel sind Brigaden untergebracht. Auf den Dächern liegen
Scharfschützen und Wachposten, um jede Bewegung der Regierungstruppen
rechtzeitig zu erkennen.
In einigen
Straßen hängen Tücher quer über die Fahrbahn, um gegnerischen
Scharfschützen die Sicht zu rauben. In einer ehemaligen
Mercedes-Werkstatt liegen selbst gebastelte 50-Kilogramm-Bomben. "Damit
bringt man ein ganzes Haus zum einstürzen", erklärt Abu Ali. "Sie sollen
nur kommen, wir sind gerüstet."
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