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"Der Einäugige" stirbt in den Bergen Malis

Soldaten des Tschad melden den Tod des Al-Qaida-Führers Mokhtar Belmokhtar. Der Terrorist, der hinter dem Anschlag von Amenas stecken soll, wurde zuvor auch als der "Unfassbare" bezeichnet. Von

Mokhtar Belmokhtar soll von Soldaten des Tschad liquidiert worden sein
Foto: Reuters Mokhtar Belmokhtar soll von Soldaten des Tschad liquidiert worden sein

Mokhtar Belmokhtar ist schon oft gestorben – in den letzten fünfzehn Jahren mindestens fünf Mal. Seine Leiche war in der in der Wüste gefunden worden oder das Militär Algeriens hatte ihn bei Operationen erschossen. Ständig sei man dem 40-jährigen Berufsterroristen vergeblich auf der Spur gewesen. Nicht umsonst wurde Belmokhtar, der bekannteste Kommandant von al-Qaida im Maghreb (Aqim), der "Unfassbare" genannt. Mit diesem Mythos scheint es nun vorbei sein. "Unsere Truppen zerstörten im Norden Malis eine Terroristenbasis", erklärte der tschadische General Zacharia Gobongue im Fernsehen seines Landes.
"Einige Terroristen wurden getötet, darunter auch ihr Führer Belmokhtar." Der Tschad ist eines der afrikanischen Länder, das Soldaten nach Mali entsendete, um Frankreich bei seiner Militärintervention zu unterstützen. Die Operation des tschadischen Militärs fand in den Bergen von Adrar des Ifoghas statt. Es ist ein unzulängliches Gebiet, nördlich der malischen Stadt Kidal gelegen, unweit der algerischen Grenze.
Hierher sollen sich die Kämpfer von Aqim, aber auch Ansar al-Dine und der "Bewegung für Einheit und Dschihad in Westafrika" (Mujao) zurückgezogen haben. Sechs Monate lang hatten diese drei radikalen Islamistengruppen den Norden Malis unter ihrer Kontrolle. Bis Franreich am 11. Januar die Militärintervention startete und die Rebellen aus allen großen Städten des Gebiets vertrieb.

Hintermann des Anschlags von Amenas

"Der Einsatz in Mali ist in seinem Endstadium", versicherte der französische Präsident Francois Hollande am Wochenende, fügte aber gleichzeitig an: "Die Terroristen haben Zuflucht und Unterschlupf in einem besonders schwierigem Gebiet genommen." In den Bergen von Adrar des Ifoghas gibt es zahlreiche Höhlen, die das gesamte Gebiet kilometerlang durchziehen. Diese unterirdischen Systeme sind ein ideales Versteck für Kämpfer, Waffen, Treibstoff und Fahrzeuge.
Dem Tod Belmokhtars kommt eine besondere Bedeutung bei. Er ist nicht irgendein Aqim-Kommandant. Der ehemalige Afghanistankämpfer soll hinter dem Anschlag von Amenas stecken. Im Januar starben bei dem Überfall auf die Gasförderanlage im Süden Algeriens mindestens 60 Menschen. Ein Al- Qaida-Kommando hatte 600 Mitarbeiter als Geisel genommen. Man wollte Frankreich damit zwingen, das Bombardement in Mali zu beenden. Algerische Behörden stürmten kurzerhand den Gebäudekomplex. Nur wenige Geiseln überlebten.
Der Tod Belmokhtars ist für die Militärführung des Tschads eine Erfolgsmeldung, die sie dringend brauchten. Mindestens 50 ihrer Soldaten sollen bisher in Mali getötet worden sein. Der Präsident Tschads, Idriss Deby, meldete bereits den Tod eines anderen Aqim-Kommandanten. Abdelhamid Abu Said soll ebenfalls von seinen Truppen getötet worden sein.

Tod eines weiteren Kommandanten indirekt bestätigt

Im Gegensatz zu Belmokhtar gibt es für den Tod Abu Saids zumindest eine indirekte Bestätigung. Sahara Medias, ein mauretanischer Online-Nachrichtenservice, brachte einen Nachruf auf den "mutigen wie furchtlosen Mann" von Aqim. Sahara Medias veröffentlicht regelmäßig Exklusivmitteilungen von Dschihadisten aus der Sahel-Region. Darunter war eines der seltenen Interviews mit Belmokhtar. Ende 2011 beschrieb er die Notwendigkeit, "ökonomische und militärische Interessen des Westens und der Juden anzugreifen."
Im Nachruf von Sahara Medias auf Abu Said werden die französischen Geiseln angesprochen, die sich seit zwei Jahren in der Hand von Aqim befinden. 17 Millionen Euros habe die französische Regierung für die Freilassung von dreien der Gekidnappten bereits bezahlt.
Das Lösegeld sei nun, mit dem Tod Abu Saids, verloren. Der Kommandant würde sein Geld gewöhnlich ohne Mitwisser in der Wüste verstecken und es über GPS-Koordinaten wiederfinden. Nur noch vier der vormals insgesamt sieben Geiseln seien noch in der Hand von Aqim.
Der wegen seiner Brutalität gefürchtete Abu Said sei ganz in der Nähe des Verstecks der Gefangenen getötet worden. Die Dschihadisten hatten tschadische Truppen in einen Hinterhalt gelockt. Unter Bedrängnis geraten, hätten sie Luftunterstützung angefordert. Durch französische Kampfflugzeuge seien kurz darauf rund 50 Salafisten, darunter Abu Said, getötet worden.

Beiname Mister Marlboro

Der Tod der beiden Aqim-Führer ist in erster Linie ein Propagandaerfolg. Belmokhtar und Abu Said waren Geschäftsmänner, die mit Kidnapping, Drogen- und Zigarettenschmuggel sehr viel Geld verdienten. Ideologie spielte eine Rolle, aber nicht die wichtigste. Bezeichnenderweise hatte Belmokhtar den Beinamen Mister Marlboro.
"Er ist vom richtigen Weg abgekommen", hatte Aqim-Chef Abdelmalik Droukdel über seinen Unterkommandanten festgestellt. Belmokhtar gründete daraufhin seine eigene, selbständige Brigade der "Maskierten", um weiterhin gute Geschäfte zu machen. Auch Abu Said verstand es, Aqim mit lukrativen Investitionen zu verbinden.
Zwischen ihm und Chef Droukdel gab es nicht minder große Spannungen. Der Aqim-Führung kommt der Tod der beiden Männer nicht ungelegen. Sie wird versuchen, eine neue Generation an deren Stelle zu setzten, die mehr auf Ideologie als Geschäfte fokussiert.

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