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Assad droht Rebellen mit der "eisernen Faust"

Assad droht Rebellen mit der "eisernen Faust"

Der syrische Präsident gibt sich im Fernsehen siegessicher – und er hat guten Grund dazu. Seine Truppen haben wichtige Gebiete erobert Von

Einen Zufall kann man es nicht nennen, eher die Selbstherrlichkeit eines Diktators. Baschar al-Assad wählte die Nacht der Bestimmung, die am Sonntagabend begangen wurde, um sich an "sein Volk" zu wenden. Der syrische Präsident nutzte für eine seiner seltenen TV-Ansprachen ausgerechnet diesen heiligsten Tag des Fastenmonats Ramadan, an dem der Koran zum ersten Mal offenbart worden sein soll. Er gab sich resolut, siegesgewiss und schloss eine politische Lösung des seit drei Jahren andauernden Bürgerkriegs klar aus. "Ich denke, es gibt keinen einzigen vernünftigen Menschen, der glaubt, dass man mit Terrorismus politisch umgehen könne", sagte er im Staatsfernsehen und bezeichnete die Opposition gegen sein Regime als ein einziges Scheitern. "Mit Terrorismus kann es keine Lösung geben, außer ihn mit eiserner Faust zu bekämpfen."
Assad fühlt offensichtlich Oberwasser. Anlass dazu geben Rebellengruppen, die al-Qaida nahestehen und Schlagzeilen mit öffentlichen, grausamen Exekutionen und Entführungen machen. Aber auch die als moderat geltende Freie Syrische Armee (FSA) diskreditiert den Aufstand gegen das undemokratische Regime. Sie ist zerstritten und korrupt. Nicht zu reden von abscheulichen Videos, die Leichenschändungen an syrischen Regierungssoldaten zeigen. Gleichzeitig können Regimetruppen ungewohnte Erfolge vermelden. Bisher hatte es nur Niederlagen gegeben, und der Sieg der Rebellen schien unaufhaltsam zu sein. "Die syrische Armee hat das Unmögliche möglich gemacht", sagte Assad in der TV-Ansprache, obwohl sie im Guerillakampf nicht ausgebildet sei. "Es gibt nur einen Krieg, der größer ist als der Guerillakrieg, und das ist der Kampf des Volkes, den die Armee an der Seite der Bürger führt." Pathetische Worte des Präsidenten, die verschweigen, wer für die militärischen Erfolge tatsächlich verantwortlich ist.
Seit Januar kämpft die libanesische Hisbollah, die im Juli von der Europäischen Union auf die Liste der Terrorgruppen gesetzt worden war, mit der syrischen Armee. Die schiitische Miliz ist im Guerillakampf ausgebildet, und ohne sie wären die neuen Siege des Regimes nicht denkbar. Im Juni wurden Kusseir und Tal Kalakh, beides Grenzstädte zum Libanon, zurückerobert. "Wer immer die Region um Kusseir kontrolliert", sagte Brigadegeneral Yahya Suleiman von der syrischen Armee, "kontrolliert die Mitte des Landes, und wer die Mitte des Landes kontrolliert, kontrolliert Syrien." Die libanesische Grenzregion rund um Kusseir hat eine wichtige, strategische Bedeutung. Unweit der Stadt liegt die Autobahn, die das 30 Kilometer entfernte Homs mit Damaskus verbindet. Über diese Autobahn wird der Nachschub für die Truppen im Norden abgewickelt. Mit dem Verlust von Kusseir sind die Rebellen von den Schmuggelrouten in den Libanon abgeschlossen. Aus dem Nachbarland erhielten sie Waffen und Kämpfer.
Ende Juli fiel Khaldiyeh, eines der letzten von den Rebellen gehaltenen Viertel in Homs. Es ist ein Sieg von besonderer symbolischer Bedeutung, galt die Stadt doch als "Herz der Revolution". Nun kontrollieren Regierungstruppen den gesamten Korridor, der nach Tartous und Latakia ans Mittelmeer führt. Eine Region, die als Machtzentrum Assads gilt. Dort leben überwiegend Alawiten, eine schiitische Glaubensgruppe des Islams, zu der auch der Präsident gehört.
Kein Wunder, dass sich Assad gestärkt fühlt. Der Iran erweitert seine Unterstützung sogar. Anfang August wurde ein Vertrag zwischen beiden Ländern unterzeichnet, in dem die Islamische Republik sich verpflichtet, Öl im Wert von über drei Milliarden Euro zu liefern. Als Gegenleistung erhält der Iran Rechte, in Syrien zu investieren. Beinahe alle Erdölquellen sind im Laufe des Bürgerkriegs in die Hände der syrischen Rebellen gefallen. Die wirtschaftliche Hilfe aus dem Iran ist eine Sache. Munition und Waffen werden seit Beginn des Konflikts Tag für Tag nach Syrien eingeflogen. Offiziere der Revolutionsgarden sollen eine neue militärische Strategie entworfen und landesweit eine 50.000 Mann starke Miliz aufgebaut haben. Zudem sind schiitische Kämpfer aus dem Irak und Jemen in Syrien. In den letzten Monaten sollen sie vermehrt ins Land gekommen sein, nachdem sie im Iran eine militärische Ausbildung absolvierten. "Hier, hören Sie", sagte ein syrischer Rebellenkommandeur in der Nähe der Frontlinien zu den schiitischen Dörfern Nubol und Zahra, unweit von Aleppo. Der Kommandeur stellt das Funkgerät lauter, das er auf den Kanal der syrischen Armee eingestellt hat. "Jetzt spricht jemand mit jemenitischem Dialekt, und nun meldet sich ein Libanese."
Präsident Assad ist sich sicher, dass er den Krieg gewinnen wird. "Wenn wir das nicht wären, hätten wir nicht zwei Jahre Widerstand leisten können", versicherte er in seiner Ansprache. Noch sind der Norden Syriens und Aleppo in der Hand der Rebellen. Aber das könnte sich mithilfe des Iran und der Hisbollah schon bald ändern.

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