Bereits in fünf Monaten sollen alle syrischen Chemiewaffe
vernichtet sein. Das sieht der neue internationale Plan vor. Danach
werden die Kampfstoffe auf ein Schiff gebracht und auf hoher See
zerstört. Von
Alfred Hackensberger
Nun soll alles schnell
gehen. Bis zum Jahresende will man alle chemischen Kampfstoffe aus
Syrien abtransportiert haben. Vier Monate später sollen sie bereits
vernichtet sein. Das sieht der neue Plan der Organisation zum Verbot
chemischer Waffen (OPCW) vor. "Mit größter Zufriedenheit gebe ich
bekannt, dass alle Maßnahmen getroffen sind", gab Ahmet Uzumcu, der
Generaldirektor der OPCW, am Mittwoch bekannt.
Die Vorräte an
gefährlichen Stoffen im Besitz der syrischen Regierung werden auf 1000
Tonnen geschätzt. Sie sollen über die Hafenstadt Lattakia außer Landes
gebracht und danach auf einem US-Schiff deponiert und zerstört werden.
Es ist
verblüffend, wie einig sich die internationale Gemeinschaft sein kann.
Im syrischen Bürgerkrieg konnte man sich seit Beginn 2011 nicht auf eine
gemeinsame Politik einigen. Mehr als 120.000 Menschen mussten sterben.
2,3 Millionen Menschen sind in Nachbarländer geflüchtet, 6,3 Millionen
befinden sich innerhalb Syriens auf der Flucht, darunter Milionen von
Kindern. Was jedoch die Chemiewaffen Syriens betrifft, da arbeitet man
Hand in Hand. Sie sind ein internationales Projekt, bei dem es keine
politischen oder ideologischen Kontroversen gibt.
Russland
übernimmt die Logistik auf syrischen Boden und in syrischen Gewässern.
Es stellt Hunderte von gepanzerten Lkws und Wassertanks zur Verfügung
und will obendrein die Sicherheit garantieren. China liefert zehn
Krankenwagen und Überwachsungsequipment. Über 3000 Transportcontainer
kommen aus den USA, die auch für die Hauptarbeit, die Dekontamination,
zuständig sind. Auf dem Spezialschiff "Cape Ray" sollen die Chemikalien
endgültig vernichtet werden. Norwegen übernimmt die Militäreskorte für
den Transport, Finnland schickt ein Team für chemische Notfälle und
Italien stellt einen Hafen zur Verfügung, in dem die Risikostoffe von
norwegischen und dänischen Schiffen auf die "Cape Ray" verladen werden.
Es ist ein
Unternehmen, das umfangreiche Logistik voraussetzt. "Heftige Kämpfe im
Gebiet von Kalamun und die Schließung der Hauptverbindungsstraße
zwischen Damaskus und Homs gefährden den Zeitplan der Operation", sagte
OPCD-Chef Uzumcu. "Eine Verzögerung von einigen Tagen kann nicht
ausgeschlossen werden".
Nur 15 Techniker zur Bedienung gebraucht
Die chemischen
Kampfstoffe sollen auf offener See vernichtet werden. Die UN hatten sich
dazu entschlossen, nachdem kein Land sich bereit erklärt hatte, dies
auf eigenem Terrain zu tun. Im Meer sollen allerdings keine
Chemieabfälle landen. Die Kampfstoffe werden mittels Hydrolyse (Spaltung
durch Reaktion mit Wasser) in weniger toxische Substanzen abgebaut, die
danach in Spezialanlagen endgültig vernichtet werden.
Das
Hydrolysesystem wurde von chemisch-biologischen Zentrum Edgewood der
US-Armee entwickelt. Zwei dieser mobilen Anlagen sind mit Karbonfiltern
und einem Laboratorium unter Deck der "Cape Ray" installiert, die dafür
speziell umgebaut worden war. Das System ist eine Neuentwicklung des
Pentagon. Die ersten Erprobungen begannen letzten Winter. Im Sommer
erfolgten die letzten abschließenden Tests.
Bisher
existieren nur drei dieser mobilen Hydrolysesysteme Sie können innerhalb
von zehn Tagen weltweit eingesetzt werden und benötigen nur 15
Techniker zur Bedienung. Das Verfahren benutzt Wasser, Natriumhydroxid
(NaOH), Sodiumhypochlorid (NaOCL) und Hitze, um die Kampfstoffe zu 99,9
Prozent zu neutralisieren. Die Chemikalien werden in einem umgerechnet
8328 Liter großen Titaniumreaktor abgebaut. Das System hat eine
Kapazität von fünf bis 25 Tonnen pro Tag.
Die Chemiewaffenvorräte Syriens könnten so innerhalb von 45 bis 90 Tagen zerstört sein.
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